Consonus

Warum Consonus?

Neue Musik im 21. Jahrhundert

Krzysztof Zgraja hat seine Komposition "Consonus - Bild(er) einer interkulturellen Gesellschaft" von 1995 bis 1996 geschrieben. Sie ist mit ihren sechs Jahren noch nicht dem "Kleinkindalter" entwachsen; vor wenigen Tagen ist sie erstmals in Deutschland aufgeführt worden. Meinungen und Aussagen irgendwelchen Art über diese Arbeit Zgrajas gibt es zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Trotzdem haben wir uns auf dieses Projekt eingelassen, weil gute Gründe dafür sprechen:

1. Die Beschäftigung und Auseinandersetzung mit Unbekanntem und Neuem - hier: zeitgenössische Musik, eine Komposition aus den letzten Tagen des vorigen Jahrhunderts - ist nicht nur eine Aufgabe von Schule, sondern es ist das Merkmal, das den homo sapiens zum herausragenden Lebewesen der Schöpfung macht. Viele positive Charaktereigenschaften lassen sich von dieser Fähigkeit ableiten.
Schon immer hat das Neue zwiespältige Erwartungen geweckt. Zur "ars nova" meint Jacobus von Lüttich 1330 im "Speculum musicae": "Einige mögen die moderne Kunst vielleicht für vollkommener als die alte halten, weil sie subtiler und schwieriger erscheint". Auch in unseren Tagen ist die Auseinandersetzung mit der heutigen Neuen Musik verpönt. Unverständlich, elitär, anstrengend - für unsere spielenden Schüler körperlich wie geistig - , chaotisch, schief usw. sind häufig gehörte Attribute, vor allem: Sie besitzt wenig Unterhaltungswert. "Denn in der Kunst haben wir es mit keinem bloß angenehmen oder nützlichen Spielwerk, sondern ... mit einer Entfaltung der Wahrheit zu tun." Ob wir allerdings das hohe ästhetische Ideal von Kunst, das Hegel einmal formuliert hat, mit unserem Werk "Consonus' in Einklang bringen können, zu dieser Entscheidung ist jeder Hörer und Spieler aufgerufen.

2. In seiner Wortbedeutung "Zusammenklang' erklärt das Werk ,Consonus" in einer Zeit der Globalisierung und des Zusammenwachsens programmatische Bedeutung. Zgrajas Idee der "Bilder einer interkultureilen Gesellschaft" führt uns musikalisch vor, was Staatsmänner und Politiker heute häufig scheitern lässt: das friedvolle Zusammenwirken verschiedener Völkergruppen, Zgraja zitiert Melodien bzw. Motive bekannter Volkslieder (u. a. Der Mond ist aufgegangen), fängt manches Lokalkolorit ein und stellt so musikalisch die Verbindung zwischen unterschiedlichen Völkern her. Der Schwerpunkt der Zitate stammt hierbei aus dem Osten, was angesichts der Biographie Zgrajas nicht verwundert und uns im Zuge der Öffnung als willkommene Bereicherung einer "terra incognita" erscheinen mag.

3. Consonus ist ausdrücklich eine Komposition für Jugendorchester. Man mag dabei an ein geringes Niveau denken; das hat sich aber bei unseren Probearbeitern als nicht unbedingt zwingend erwiesen. Consonus ist eine solide Arbeit ohne effektheischende Zutaten. Obwohl viele Werke Zgrajas inzwischen beim bekannten Verlag Schott erschienen sind, hat der Komponist Consonus" nur im Eigendruck herausgegeben und er hat Recht daran getan: Die klangliche Verwirklichung wäre über den Weg eines großen Verlages wohl schon auf Grund der Kosten gescheitert - Zgraja hat uns freundlicherweise die Aufführungsmaterialien gegen ein geringes Entgeld überlassen - und es ist gerade die jugendliche Frische, die das Werk lebendig macht.
Die Wahl eines geeigneten Stückes für unser Schulorchester bereitet mir häufig unsägliche Qualen, denn nicht alle Instrumente stehen zur Verfügung (derzeit mangelt es an Oboen, Fagotti. Bratschen und Hörnem) und gegen das Klangideal des Wohnzimmersessels kommen wir mit Werken wie Rachmaninows Kiavierkonzerten etc. niemals an. Dafür besitzen wir mit dem jugendlichen Elan unserer Mitspieler einen Schatz, der alle leicht angestaubten Wiedergeben in den Schatten stellt.

 

Programmheft Frühlingskonzert - Mathias-Grünewald-Gymnasium Würzburg 2001

Ein wenig stolz dürfen wir in diesem Jahr unser Frühjahrskonzert präsentieren, das wir erstmals unter ein Motto gestellt haben: Consonus - Zusammenklang.

Die Idee zu diesem Projekt wurde geboren, als man dem Orchester die Komposition "Consonus" von Krzysztof Zgraja anbot. Hinter diesem Werk verbirgt sich nicht nur das gleichzeitige Spiel von Instrumenten, wie man vielleicht meinen mag, sondern vielmehr das Zusammenwirken vieler Melodiezitate aus verschiedenen Volksliedern, das sich mosaikhaft zu einem musikalischen Gesamtbild gestaltet. Ein Vergleich mit der Schülerstruktur unseres Gymnasiums - hier werden auch Aussiedlerklassen unterrichtet - erscheint nicht abwegig.

Selbstverständlich wollen wir diesen Gedanken Consonus übertragen wissen: Die verschiedenen Musikgruppen der Schule verbinden sich zu einem Gesamtklang und repräsentieren das Musikleben unserer Schule, angefangen mit einem russischen Tanz über Walzerklänge, einem schottischem Lied, schwedischen Chorbeiträgen bis hin zum interkulturellen Bild Consonus. Den aufmerksamen und kundigen Zuhörer werden die unterschiedlichen Nationen heute Abend musikalisch grüßen. Auch die allgegenwärtige Musik von Mozart fügt sich in den internationalen Reigen mühelos ein, wenn man weiß, dass dieses Flötenkonzert für den Musikliebhaber Dejean geschrieben ist, dessen ungewöhnliche Lebensgeschichte aus holländischen, englischen, deutschen und österreichischen Quellen rekonstruiert werden musste.

An dieser Stelle darf ich mich herzlich bei all den Helfern bedanken, die direkt und indirekt, oft unbemerkt, zum Gelingen des Konzertes beigetragen haben. Jedem ist klar, dass ein solcher Abend eine große Kraftanstrengung ist, insbesondere für den regulären Unterricht eine Belastung darstellt. Wir hoffen, dass die Musik des heutigen Abends ein wenig dafür entschädigt.

Dr. Ulrich Stinzendörfe